5.1.2024

Die Evolution des Internets: Von WWW zu Web3

Die Evolution des Internets: Von WWW zu Web3

"Was ist denn eigentlich dieses Web3?"

Auf der DMEXCO 2023 im Bereich der w3.vision sprach mich eine Journalistin des von mir sehr geschätzten Radiosenders DLF während der lautstarken Afterparty am Stand der Metabrew Society an, mit den Worten “Was denkst Du, woran ist das Web3 gescheitert...?” - wenn ich in meinem Sportverein oder Bekanntenkreis über berufliche Themen spreche, dann höre ich immer wieder "Was ist denn eigentlich dieses Web3?”. Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht, deshalb habe ich mich entschlossen, meine Sicht darauf zu veröffentlichen:

1990 begann mit Abschaltung des Arpanets und der Freigabe durch die National Science Foundation die kommerzielle Phase des Internets. Am 30. April 1993 wurde das WWW durch das CERN schließlich für alle freigegeben – quasi die Geburtsstunde des WWW. Wann war aber nochmal der Tag, an dem das alte WorldWideWeb abgeschaltet wurde, und nur noch das Web 2.0 verfügbar war...? Richtig, den gab es nie. Es ergibt auch gar keinen Sinn und gilt analog auch für Web3. Die Begriffe “Web 2.0” und “Web3” umfassen meines Erachtens nach eine Reihe von Konzepten, die es gemeinschaftlich charakterisieren. Es handelt sich um separate “kann” Erweiterungen des Vorgängers, deren Nutzung je nach Use-Case durchaus einzeln oder auch in Kombination sinnvoll sein kann.

Zur Einordnung hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Phasen und was sie für uns als Anbieter, Nutzer und Entwickler bieten.

KI Sicht auf die Evolution von WWW über Web 2.0 zu Web3

WWW: Das "Lesbare" Internet

Nutzerinterface Monitor, Tastatur und Maus dominieren den Zugang und die Navigation

Daten Interaktion Webseiten und Inhalte sind hauptsächlich zum Lesen konzipiert

Infrastruktur Server-basierte on Premise Architektur

Nutzerführung YP, die "Gelben Seiten" des Internets,  einfache Verzeichnisse, häufig findet man Linksammlungen auf persönlichen Homepages oder zu bestimmten Interessengebieten

Foren Kommunikation über Emailgruppen und einfache Chatfunktionen auf Websites

Ökonomie Statische Webseiten, die Informationen  bereitstellen und spezialisierte Shops, die Waren aus ihrer Nische und ihrem Lager versenden

Web 2.0: Das "Beschreibbare" Internet

Nutzerinterface Mobile Geräte, schnellere Datenübertragung und Touchscreens revolutionieren den Zugang zum Internet

Daten Interaktion Nutzer können Inhalte nicht nur konsumieren, sondern auch erstellen

Infrastruktur Cloud-Technologien ermöglichen Skalierbarkeit und Flexibilität

Nutzerführung Plattformen wie Google  und Facebook leiten die Nutzer und finanzieren sich über deren Content

Foren Interessengruppen bilden sich auf Plattformen wie Facebook, Reddit und Twitter

Ökonomie Plattformen nutzen die Produkte und Content, den die Nutzer anbieten und wurden zu den Hauptakteuren im digitalen Raum

Web3: Das "Besitzbare" Internet

Nutzerinterface XR (Extended Reality, also AR, VR und MV) und Gestensteuerung öffnen immersive Interaktionswege

Daten Interaktion Nutzer können Daten besitzen und direkt untereinander handeln

Infrastruktur Dezentralisierte Ledger-Technologien (DLT, z.B. Blockchain) sind die Basis für offene und pseudonymisierte Kommunikation, die dabei vertrauenswürdig und nachvollziehbar ist

Nutzerführung Künstliche Intelligenz bietet personalisierte und effiziente Navigation und hebt die Automatisierung von Prozessen auf ein neues Level

Foren Projektcommunities erlauben Kollaboration und Teilhabe. Sie fördern die direkte Kommunikation zwischen Produzenten und Konsumenten und bereiten den Weg für engagierte Fans, zu Markenbotschaftern zu werden

Ökonomie Nutzer sind Teilhaber und profitieren direkt von ihren Daten und ihrer Beteiligung an unterschiedlichsten Projekten

Auch heute noch kann man mit Tastatur und Monitor prinzipiell alle Webservices nutzen - wenn dies auch, z.B. bei Uber, nicht immer komplett sinnvoll sein mag. Es gibt auch noch erfolgreiche Dienste, die kuratierte Daten zur Verfügung stellen, ohne dass die Nutzer Inhalte beitragen können, z.B. Statista. Darauf kann auch per Mobile oder per VR Brille zugegriffen werden. Genauso gibt es zahlreiche Lösungen und Services, die Teilaspekte von Web3 nutzen, manche auch optional, ohne alle abdecken zu wollen. Eine Mischung und Kompatibilität zwischen den einzelnen Konzepten der Entwicklungsstufen des Internet sind für die meisten Anwendung sinnvoll.

Der Durchbruch von Web 2.0 in der breiten Gesellschaft kam erst mit der Veröffentlichung des iPhones.

Mobiles Internet und Navigation per Touch Eingabe war zwar vorher schon möglich, aber erst die Konsequenz des iPhone Designs ermöglichte die Nutzung neuer UX Seiten und das Teilen von Inhalten zu jeder Zeit von jedem Ort. Analog dazu verhält es sich heutzutage mit VR, AR und Metaverse Erfahrungen. Der Zugang ist – zumindest voll immersiv – nur mit einer entsprechenden Brille möglich. Diese sind noch nicht sehr weit verbreitet und klobig. Mit einem entsprechendem Device, das nicht viel größer als eine herkömmliche Brille ist, und für einen einfachen Zugang zur Technologe sorgt, bin ich mir sicher, dass einer Verbreitung von AR, VR und Metaverse Erfahrungen im Alltag nichts mehr im Wege steht. Die Apple Vision Pro kann vom Leistungsumfang her nicht viel mehr als die in die Jahre gekommene Microsoft Hololens, hat jedoch in Sachen Formfaktor und Marketing einen Schritt in Richtung Massenverbreitung angestoßen.

Was Anfangs überhaupt nicht vorhersehbar war, ist die Machtstellung der Plattformen und die Entwicklung vom Handel mit Nutzerdaten im Web 2.0. Wir sind alle längst zu gläsernen Nutzern geworden – der generierte Profit geht leider nur an andere, nämlich die Betreiber der Plattformen und Algorithmen, die diese Datenpunkte sammeln und monetarisieren. Die technologischen Grundsätze des Web 3 versprechen Abhilfe, einerseits durch die Nutzung pseudonymisierter Wallet Adressen, andererseits durch “Self Souvereign Identity” und die “Ownership Economy”.

Das Internet ist von einer Informationsquelle zu einer interaktiven und immersiven Plattform geworden, die Teilhabe und Eigentum in den Vordergrund stellt. Die Möglichkeiten von Web3 sind enorm, und wir stehen erst am Anfang, diese zu erkunden und zu nutzen. Das schnelle Erkennen und Nutzen von zukünftigen Trends und Standards bedeutet immer einen Wettbewerbsvorteil.

Diejenigen, die die Möglichkeiten des Web 2.0 früh erkannt und erfolgreich umgesetzt haben, betreiben heute die Plattformen und nutzen ihre Marktmacht und die Daten ihrer Nutzer zur Maximierung ihrer Gewinne.

Web 3 bietet einerseits die Chance für alle Unternehmen, ohne Plattform dazwischen wieder näher an ihre Kunden heran zu rücken, andererseits bietet sie uns Nutzern die Möglichkeit, wieder die Hoheit über unsere Daten zu erlangen und langfristig mittels der Ownership Economy sogar selbst davon zu profitieren.

Was denkt ihr, wie wird Web3 eure Branche oder euer tägliches Leben beeinflussen?

PS:  Leider kam es nicht mehr zu dem anvisierten Interview am nächsten Tag auf der DMEXCO mit der eingangs erwähnten Journalistin des DLF - wenn Du das hier liest, liebe Journalistin, kontaktiere mich bitte und lass uns das Interview gerne jederzeit nachholen!